Micarna: Migros setzt bei Fleischverarbeitung auf Künstliche Intelligenz (KI/AI)
IT-Logix unterstützt Micarna bei der Einführung eines Bildklassifizierungssystems auf Basis von Microsoft Custom Vision
Beim Fleisch-, Geflügel-, Fisch- und Eiproduzenten Micarna soll ein Bildklassifizierungssystem auf Basis von Microsoft Cognitive Services Mitarbeitende beim repetitiven und körperlich ermüdenden Entscheidungsprozess zur Klassifizierung von Schlachtprodukten entlasten. IT-Logix unterstützte das Unternehmen dabei, den für den Service notwendigen Algorithmus zu trainieren und erbrachte gemeinsam mit Micarna einen ersten Machbarkeitsnachweis.
Micarna leistet mit qualitativ hochstehenden Produkten für täglich über zwei Millionen Konsumenten in der Schweiz und Europa einen wesentlichen Beitrag zum Unternehmenserfolg der Migros. Mit über 5000 Produkten und Gesamtlösungen für spezifische Kundengruppen im In- und Ausland ist Micarna absatztechnisch der grösste Fleisch-, Geflügel,- Fisch- und Eiproduzent der Schweiz. Das Traditionsunternehmen pflegt aus Überzeugung eine enge Beziehung zur Schweizer Landwirtschaft und anerkennt und fördert den Mehrwert von Schweizer Fleisch. Rund 70 Prozent aller Tiere, die bei Micarna verarbeitet werden, sind Label-Tiere (zum Beispiel Terra Suisse oder Bio) und geniessen ein grösseres Tierwohl, als bereits durch die im internationalen Vergleich strenge Schweizer Gesetzgebung vorgeschrieben wäre.
Innovation auch in Bezug auf Ergonomie
In der Zerlegerei gilt es, die Schlachtkörper zu zerlegen und sie danach sortiert in Gebinden zu klassifizieren. Dabei werden die Gebinde gewogen und im ERP-System einem Label und einem Produkt zugeordnet. Diese Klassifizierung und Erfassung geschieht bislang an einem «Identity-Point» durch die Inaugenscheinnahme der Gebinde auf dem Förderband durch dafür geschulte Mitarbeitende. Diese Produktidentifizierung ist für das Personal eine äusserst anstrengende Arbeit, kommen die Gebinde doch in einer vorgegebenen Geschwindigkeit ca. alle zehn Sekunden auf dem Förderband daher. Für Michael Kott, Leiter Projektmanagement bei Micarna in Bazenheid, ein klarer Fall für eine Prozessautomatisierung. «Wir fragten uns, wie wir die Arbeitsschritte maschinell ersetzen und so die Arbeitsbelastung senken könnten. Da ich bereits früher im Zusammenhang mit Anwendungen der Künstlichen Intelligenz mit Microsoft in Kontakt kam, erschien mir eine Abbildung des Prozesses auf Basis der Bildklassifizierung naheliegend.» Allerdings war sich Kott nicht sicher, ob sich der Wunsch auch tatsächlich in die Tat umsetzen lässt. Da bei Micarna Innovationen als zentraler Treiber für eine nachhaltige Wirtschaft angesehen werden, insbesondere durch die Nutzung neuer Technologien, Verfahren und Strategien, verfolgte Kott sein Ansinnen weiter. Er vertrat dabei die Philosophie des Unternehmens in Sachen Innovation, welche weit über reine Produktinnovationen auch auf Prozessinnovationen hinausgehen soll. Dies beispielsweise, indem auch Nachhaltigkeitsaspekte wie Ressourcenknappheit oder Ergonomie explizit bereits in den Entwicklungs- und Innovationsprozessen berücksichtigt werden.
Anforderungen und Herausforderungen
Hier kam IT-Logix ins Spiel. Es ging zunächst darum, den durch die Cognitive Services von Microsoft mit dem Dienst «Custom Vision» zur Verfügung stehenden Algorithmus zur Bildklassifizierung auf die Anforderung zu konditionieren. Die Fotos der Fleischstücke, welche die Basis für den Dienst bilden, wurden durch eine Kamera am Förderband aufgenommen. Dabei wurde mit Zeitstempeln gearbeitet, schiesst doch die Filmkamera jeweils 60 Bilder pro Sekunde. Es musste zunächst also klar festgelegt werden, welches das jeweils relevante Bild des Gebindes für die Klassifizierung darstellt. Denn dieses wird aufgenommen, bevor der Mitarbeitende den Vorschlag der Künstlichen Intelligenz erhält, um im ERP-System den entsprechenden Button zu drücken – also die Identifizierung der Software händisch zu bestätigen. Wichtig zu wissen: Die Künstliche Intelligenz soll den Menschen nicht wegrationalisieren, sondern seine Arbeit erleichtern. Übernimmt der Service die körperlich anstrengende Augenscheinnahme und die Klassifizierung, kann sich der Mensch auf die Bestätigung des Vorschlags konzentrieren und so seine Kräfte schonen.
Algorithmus trainieren
Der Weg dahin ist dabei kürzer als man vielleicht denken mag: Denn Custom Vision ist für die schnelle Erkennung wesentlicher Unterschiede zwischen Bildern optimiert, sodass bereits anhand einer kleinen Datenmenge mit der Prototyperstellung für das Modell begonnen werden kann. Gemäss Hersteller sind 50 Bilder pro Bezeichnung im Allgemeinen ein guter Ausgangspunkt. Custom Vision verwendet dabei einen Machine-Learning-Algorithmus, um Bezeichnungen auf Bilder anzuwenden. Anwender müssen diesem Gruppen von Bildern mit Bezeichnungen übermitteln, auf denen die betreffenden Merkmale vorhanden bzw. nicht vorhanden sind. Es galt für Kott also jetzt, Bildmaterial von Produkten mit den richtigen Produktinformationen zu versehen, um die in der Microsoft-Cloud zur Verfügung stehende Infrastruktur auf die konkrete Anforderung zu trainieren.
Machbarkeit nachgewiesen
«Dass das System funktioniert, konnte gemeinsam mit IT-Logix bereits gezeigt werden», sagt Kott. «Jetzt muss das Material weiter bearbeitet werden, um eine Verfeinerung der Resultate zu erreichen.» Der Algorithmus wird dazu mit den vorhandenen Daten weiter trainiert und berechnet seine eigene Genauigkeit, indem er selbst Tests anhand der Bilder durchführt. Nachdem der Algorithmus trainiert ist, kann man ihn erneut testen, die Resultate mit den Klassifizierungen der Mitarbeitenden vergleichen und gegebenenfalls weiter verbessern. Schliesslich besteht die Möglichkeit, den Berechnungsmechanis- mus gemäss den Anforderungen respektive Bilder weiterer Produkte (Fleischstücke, Gebinde) zu verwenden.
Mitarbeiter entlastet, nicht ersetzt
Dem Mitarbeitenden verbleibt aber auch bei vollem Einsatz des Dienstes immer noch eine qualitative Kontrollfunktion, indem er den Vorschlag des Systems bestätigt und im ERP per Knopfdruck verbucht. Darüber hinaus wird der Mitarbeitende auch noch bei Herausforderungen wie Chargenwechsel benötigt. Die Bildkategorisierung bringt aber auch so für Micarna eine grosse Erleichterung und auch langfristig eine Optimierung der Resultatqualität. Ein weiteres Ziel könnte sein, dass die Angabe des Ziels zur Weiterverarbeitung mittels automatischer Verbuchung von Custom Vision selbst vorgenommen wird.
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Ausgangslage
Die repetitive und körperlich anstrengende Klassifizierung von Schlachtprodukten soll durch künstliches Sehen ersetzt werden.
Lösung
Training eines «Custom Vision»-Algorithmus aus der Dienstefamilie «Cognitive Services» von Microsoft. Basis dazu bildeten mit Inhaltsinformationen versehene Bilder einer am Förderband installierten Videokamera.
Nutzen
Durch automatisierte Bildklassifizierung auf Basis Künstlicher Intelligenz entfällt der körperlich belastende Entscheidungs- prozess durch den Menschen. Mitarbeitende können sich ergonomieoptimiert auf die Bestätigung der vom System erfolgten Produktklassifizierung mittels händischer Verbuchung konzentrieren.