Universität St. Gallen: BI-Strategie für die Universität St. Gallen
Bei der Universität St. Gallen besteht im Bereich BI die sogenannte Controlling-Datenbank, die im Sinne eines Data Warehouse verwendet wird. Die dezentrale Struktur der Organisation mit den diversen Instituten und Schools hat aber zur Folge, dass diese ihre Daten mit eigenen Insellösungen analysieren und deshalb eine für die Weiterentwicklung der HSG nötige übergreifende Sicht auf die Daten fehlt. Die Erarbeitung einer BI-Strategie soll helfen, die Rahmenbedingungen für die BI innerhalb der HSG zu definieren, ein gemeinsames Verständnis in allen Bereichen dafür zu etablieren und so den Wert der Informationen besser für die Erreichung der strategischen Ziele der Universität zu nutzen.
Die Universität St.Gallen (HSG) bildet über 9000 Studierende aus rund 90 Staaten in Betriebswirtschaft, Volkswirtschaft, Rechts- und Sozialwissenschaften, internationalen Beziehungen und Informatik aus und bietet Angebote zur Weiterbildung von jährlich rund 6000 Teilnehmenden an. Die HSG gehört zu den führenden Wirtschaftsuniversitäten Europas. Sie belegte 2021 im European Business School Ranking der Financial Times den 6. Platz. 2022 hat die britische Tageszeitung darüber hinaus den Master in «Strategy and International Management» bereits zum zwölften Mal in Folge als weltweit besten Management-Master bewertet. Einen integralen Teil Forschung der Universität bilden die rund 40 Institute, Forschungsstellen und Center. Aufgrund der dezentralen Organisation gibt es bei der HSG ähnlich wie bei den meisten Universitäten keine konsolidierte Sicht auf die vielen Daten. Zwar verfügt man für administrative Aufgaben wie Personal und Finanzen über funktionierende Data-Warehouse-Systeme. Die verschiedenen Abteilungen und Institute verwenden aber eigene datenverarbeitende Lösungen (wie Microsoft Excel, Access oder andere eigene Systeme). Durch die Verbreitung vieler Insel- lösungen ist es denn auch schwierig, aus den relevanten Daten übergreifende Analysen zu ziehen, um die strategischen Ziele der Universität optimal zu unterstützen.
Gemeinsames Verständnis erarbeiten
Aus diesem Grund entschied man im Jahr 2020 bei der HSG, IT-Logix als externen Berater hinzuzuziehen. Ziel war es, eine BI-Strategie zu definieren, welche die HSG befähigt, ihr Vorgehen im Bereich BI zu strukturieren, zu konkretisieren und in groben Zügen planbar zu machen. Eine solche Strategie soll die von den strategischen Unternehmenszielen der Universität abgeleiteten operativen Ziele mess- und analysierbar machen. Denn Informationen über Studierende, Studienprogramme, Schools, Akkreditierungen und Rankings befähigen schlussendlich die HSG, die bestehenden und künftigen Prozesse der Organisation besser zu steuern. Dazu sollen die Rahmenbedingungen für die BI innerhalb der Universität vorgegeben werden, welche von allen betroffenen Bereichen und nicht zuletzt vom Management mitgetragen werden müssen. Denn BI betrifft Verwaltung, Forschung und Lehre gleichermassen.
Prinzipien und Roadmap für optimalen Nutzen
Der Nutzen soll sich bei Mitarbeitenden in den Bereichen Wissen, Unternehmenskultur, Datenqualität, Betrieb, Entwicklung von BI-Services und auch bei der BI-Infrastruktur niederschlagen. Es müssen für bestehende Anforderungen Prinzipien formuliert werden. Es braucht aber auch Regeln dafür, wie die HSG auf zukünftige Herausforderungen reagiert, um sich schnell an sich verändernde Anforderungen und Möglichkeiten durch neue Technologien anzupassen. Bezogen auf die Ziele sollte ein Leistungskatalog (Scope) definiert werden, der festlegt, welche Services eine BI-Organisation anbieten soll, welches Wissen dafür notwendig ist und wieviel Manpower dafür zur Verfügung gestellt werden muss. Von den erarbeiteten Prinzipien wurde schliesslich eine Roadmap für konkrete Umsetzungsmassnahmen abgeleitet. Denn eine BI-Strategie soll kein Papiertiger bleiben, sondern nach und nach, aber langfristig die gewünschte Wirkung erzielen. Voraussetzung dafür ist eine klare Zuweisung von Aufgaben, Verantwortungen und Kompetenzen. Deshalb ist neben der Beurteilung der Themenbereiche Daten sowie BI-Applikation und Data Science die Berücksichtigung von Organisation und Prozessen so wichtig. Denn eine funktionierende Zusammenarbeit über die Grenzen der Universitätsbereiche hinweg stellt einer der Schlüsselfaktoren für den Erfolg der BI dar.
Vorgehen
Für die Erarbeitung der BI-Strategie wurde eine Ist-Soll-Analyse gemacht. Dazu wurden Tiefeninterviews mit 29 Teilnehmenden aus der Universitätsleitung, den Bereichen Studium und Lehre, Finanzen, HR, Aussenbeziehungen, Instituten und Weiterbildung, Forschung und Fakultäten sowie der IT durchgeführt. Daraus konnten 1319 analysierte Aussagen zusammengetragen werden. 1263 davon waren auf strategischem Level verwendbar. Schliesslich wurden Kernaussagen konsolidiert, die Informationen in das Rahmenmodell eingebettet, der Reifegrad beurteilt sowie die Reifegradziele definiert und last but not least Handlungsfelder und Empfehlungen abgeleitet. Daraufhin folgten diverse Workshops zur Erarbeitung der Strategieinhalte:
- 1 Workshop mit 16 Teilnehmenden zu Vision, Mission, Definitionen und Zielen
- 3 Workshops mit jeweils circa 10 Teilnehmenden zu Teilstrategien, Organisation und Prozessen sowie dem Thema BI-Applikation
- 1 Workshop mit 4 Teilnehmenden für die Erarbeitung von 2 konkreten Use-Case-Szenarien
Schliesslich wurde aus dem Material eine BI-Roadmap erstellt, Vorgehensszenarien und eine grobe Aufwandschätzung inklusive einem möglichen Jahresbudget für die Umsetzung der Ziele erstellt.
Bewusstsein für BI gestärkt
Laut Ulrike Brümmer, der zuständigen Projektleiterin bei der HSG, sei das Projekt gut verlaufen, obwohl es während der Covid-19-Pandemie umgesetzt wurde: «Leider konnten wir nur einen Workshop persönlich vor Ort durchführen. Dennoch hat der Know-how-Transfer sehr gut funktioniert. Das Team war hoch motiviert.» Dazu habe insbesondere das Wissen seitens IT-Logix über universitäre Einrichtungen beigetragen, so Brümmer. Man hätte zwar schon früher Auswertungen mit Power-BI vorgenommen. Jetzt aber sei allen klar, dass es für eine funktionierende BI-Strategie einen Single Point of Truth braucht sowie Zielwerte für die Kennzahlen und Massnahmen bei Nicht-Erreichen der Zielwerte. Dafür benötige es eine zentrale Stelle, welche die Glaubwürdigkeit der Zahlen gewährleistet. «Wir konnten gemeinsam mit IT-Logix ein sehr gutes Dokument als Arbeitsgrundlage erarbeiten. Diese Strategie wird von allen Mitarbeitenden der mittleren Führungsebene, die damit arbeiten, mitgetragen.» Leider hatte die Universitätsleitung nur für die Interviews, nicht aber für die Workshops zur Verfügung gestanden.
Machbarkeitsnachweis für Infrastruktur
In der Folge hat Brümmer mit ihrem Team entlang der innerhalb der Strategie erarbeiteten Handlungsvorschläge weitere Schritte in Angriff genommen. IT-Logix ist beim Proof of Concept und dem Infrastruktur-Pilotprojekt auf Basis der Microsoft-Technologie in der Azure Cloud mit Anbindung von ersten Datenquellen als Berater mit an Bord. Bis Ende 2023 sollten dem Rektorat Vorschläge für die BI-Organisation unterbreitet werden, damit diese in den Regelbetrieb übergehen kann und schrittweise weitere Datenquellen für Use Cases angebunden werden können. Brümmer erhofft sich durch diesen Bottom-up-Ansatz, das Bewusst- sein für eine datengetriebene Führung der Hochschule auch beim oberen Management zu steigern.
Kurzbeschrieb des Projekts
Ausgangslage
In den dezentral aufgestellten Instituten und Abteilungen der Universität St. Gallen werden unterschiedliche Insellösungen wie Excel, Access etc. verwendet. Es fehlt deshalb eine übergreifende Sicht auf die Informationen zu Studierenden, Schools, Akkreditierungen, Ratings etcetera. Eine solche wäre nötig, um die Erreichung der strategischen Ziele optimal zu unterstützen.
Lösung
Es wurde eine BI-Strategie mit Prinzipien und langfristigen Zielen erarbeitet – unter Einbezug aller beteiligten Abteilungen durch Sondierung der Bedürfnisse mit Tiefeninterviews und mit- tels verschiedener Workshops. Daraus wurde eine Roadmap für Umsetzungsmassnahmen abgeleitet, welche die Lücke zwischen Soll- und Ist-Zustand der BI-Organisation schliessen können.
Nutzen
Mannigfacher Nutzen für interne Kunden (z.B. durch vereinfach- ten Zugang zu qualitätsgesicherten Informationen mit immer gleichen Tools, Self-Service-BI, etc.), bei Organisation und Pro- zessen (durch klar definierte Verantwortlichkeiten, Priorisierung von Projekten etc.), Teilen von Wissen, besseres Verständnis für den Wert von BI für die HSG, Optimierung von Datenqualität, Betrieb, Entwicklung, Weiterentwicklung von BI-Services sowie der Infrastruktur.
Highlights
- Erarbeitung einer Dachstrategie, Anforderungsmanagement und Teilstrategien für BI für Methoden & Standards sowie Technologie und Tools
- Ausformulierung der Anforderungen und Priorisierung konkreter Umsetzungsschritte auf einer Roadmap
- Etablierung eines gemeinsames Verständnisses für die BI-Strategie und die Rahmenbedingungen einer BI-Organisation der HSG
- Proof of Concept und Infrastruktur-Pilot auf Basis von Microsoft Azure
Standards und Lieferobjekte
- IT-Logix BI-Strategie-Framework und Templates
- IT-Logix Data & Analytics Reference Architecture Framework (IDAREF)